Der Autor Bas Kast,
der als Student Minskys ein Society-of-Mind-Seminar besucht hat, schreibt
über Minsky, er sei eine schillernde Figur, und kaum jemand, der ihn
trifft, kann sich des Eindrucks erwehren, dass es sich bei ihm um ein Genie
handelt.
Gemeinsam mit John McCarthy, Nathaniel Rochester und
Claude Shannon begründete er 1956 auf der Dartmouth
Conference den Begriff Künstliche Intelligenz.
Später waren er und Seymour Papert auch
Begründer des Labors für Künstliche Intelligenz am
Massachusetts Institute of Technology (MIT), das AI Lab.
Marvin Minsky veröffentlichte Texte zu diesem
Fachgebiet sowie über verwandte Themen der Philosophie.
Und er machte auch einige Erfindungen; er war der Erfinder
des später im Konfokalmikroskop realisierten Messprinzips (1957).
Weitere Erfindungen waren mechanische Hände und
andere Teile für Roboter, der Muse-Synthesizer für musikalische
Variationen gemeinsam mit Edward Fredkin und die erste Logo-Schildkröte
(Turtle-Grafik) gemeinsam mit Seymour Papert.
1951 baute er mit Dean Edmonds den SNARC (Stochastic
Neural Analog Reinforcement Calculator), einen neuronalen Netzcomputer, der das
Verhalten einer Maus in einem Labyrinth simulierte.
Marvin Minsky
besuchte die Fieldston School und die Bronx High School of Science in New York.
Später studierte er an der Phillips Academy in Andover, Massachusetts. Er
leistete von 1944 bis 1945 seinen Wehrdienst in der US-Navy.
An der Harvard University erwarb er 1950 einen Bachelor in
Mathematik und promovierte 1954 an der Princeton University bei Albert William
Tucker (Theory of Neural-Analog Reinforcement Systems and Its Application to
the Brain Model Problem).
Minsky war seit 1958 am Massachusetts Institute of
Technology; dort forschte und lehrte er bis zu seinem Tod.
1959 gründete er dort mit John McCarthy, dem
Lisp-Erfinder, eine KI-Arbeitsgruppe.
Die Gruppe, der in den 1970er Jahren auch viele Hacker
(wie Richard Stallman) angehörten, war ab 1963 dem MAC-Projekt
(Mathematics and Computation) zugeordnet, das erst unter Leitung von Robert
Fano (bis 1968) und dann von J. C. R. Licklider (bis 1971) stand.
In den 1960er Jahren wurde auch viel an Modellen
Neuronaler Netzwerke, Perceptrons, geforscht (Titel eines Buches
von Minsky und Papert).
Die Entdeckung einiger fundamentaler Mängel solcher
einfachen neuronalen Netzwerke durch Minsky und Papert führte Ende der
1960er Jahre dazu, dass die Forschung auf diesem Gebiet ganz zum Erliegen kam
und erst in den 1980er Jahren neu belebt wurde...
Neben KI-Forschung (zum Beispiel in den Bereichen
visueller Wahrnehmung, Robotik, Sprache) wurde auch ein Time-Sharing-
Computersystem entwickelt.
1970 trennte sich die KI-Gruppe ab und es entstand das
AI Lab am MIT, unter Leitung von Minsky, der viele
Wissenschaftler vom MAC-Projekt mitnahm, das im Computer Science Lab des MIT
aufging.
Zentrum der KI-Forschung
Das AI Lab wurde
schon Ende der 1960er Jahre zu einem weltweit beachteten Zentrum der
KI-Forschung.
1972 gab Minsky die Leitung des AI Lab an Patrick
Winston ab. Minsky war in den 1980er Jahren auch Mitglied des Media Lab des
MIT.
Später war er dort Toshiba Professor of Media Arts
and Sciences sowie Professor für Elektrotechnik und Informatik (Computer
Science). Minsky wurde vielfach ausgezeichnet.
Er war Mitglied der National Academy of Engineering, der
American Academy of Arts and Sciences (seit 1968) sowie der National Academy of
Sciences (seit 1973).
1969 wurde er mit dem Turing-Preis ausgezeichnet, 1990 wurde ihm
der Japan-Preis verliehen, 2001 die Benjamin-Franklin-Medaille, 2013 der BBVA
Foundation Frontiers of Knowledge Award und 2014 der Dan-David-Preis.
Für seine Beiträge zur Optik erhielt er den R.W.
Wood Prize.
Am 24. Januar 2016 starb er an einer intrazerebralen
Blutung. Er wurde 88 Jahre alt.
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Marvin Lee
Minsky (1927 2016) war ein US-Forscher auf dem Gebiet der KI.
Denken und Lernen, nach
Minsky |
Minsky bedauerte die aktuelle Entwicklung der
KI-Forschung, da hier verstärkt statistische Lernverfahren verwendet
würden, anstatt auf eine umfassende Modellierung kognitiver Agenten hin zu
arbeiten.
»The Society of Mind«
In seinem Buch The Society of Mind
stellte Minsky 1986 die These auf, dass Intelligenz aus einem verwobenen Netz
von unintelligenten Agenten bestehe.
Erst durch die Zusammenarbeit von relativ einfachen
Agenten entstehe die Intelligenz.
Minsky versucht den Leser von der gewöhnlichen
Vorstellung abzubringen, dass das menschliche Gehirn ein einzelnes,
großes monolithisches Wesen ist, das an etwas denkt oder gerade nicht
denkt.
Stattdessen wird ein Modell skizziert, bei dem das
Gehirn aus unzähligen, verschiedenartigen, aber relativ einfachen Agenten
besteht.
Diese Agenten haben einfache Aufgaben und Ziele.
Erst durch die Kommunikation miteinander und einem Ausverhandeln der
Bedürfnisse der einzelnen Agenten untereinander entstehen Denken und
Handeln.
Einzelne Agenten können wieder aus noch
kleineren Agenten bestehen, die wiederum miteinander kommunizieren und
verhandeln.
Die kleinen Agenten sind spezialisiert für
bestimmte Aufgaben, beispielsweise das Auge für das Sehen oder ein
Gehirnbereich zur Sicherstellung von genügend Schlaf.
Konflikte innerhalb eines Agenten führen zur
Schwächung dieses Agenten, wodurch andere Agenten Oberhand gewinnen.
Lernen besteht in diesem Modell darin, die
Kommunikation zwischen den Agenten zu verbessern.
Persönliche Eigenheiten von Menschen
resultieren aus den unterschiedlichen Gewichtungen der Agenten. Die Speicherung
von Erinnerungen wird dabei durch die Erzeugung von K-Lines ermöglicht.
Diese K-Lines sind eine Art Liste, die alle Agenten
enthält, die bei einer Aktivität beteiligt waren. |
Veröffentlichungen
Neural Nets and the Brain Model Problem, Dissertation,
Princeton University, 1954.
Computation: Finite and Infinite Machines, Prentice-Hall,
1967. Semantic Information Processing, MIT Press, 1968.
Perceptrons, mit Seymour Papert, MIT Press, 1969.
Artificial Intelligence, mit Seymour Papert, Univ. of
Oregon Press, 1972.
Robotics, Doubleday, 1986.
The Society of Mind, Simon and Schuster, 1987.
Mentopolis, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1990, ISBN
3-608-93117-1.
The Turing Option, mit Harry Harrison, Warner Books, New
York 1992, ISBN 0-446-51565-5.
Die Turing Option, mit Harry Harrison, Heyne Verlag,
München 1997, ISBN 3-453-11912-6.
The Emotion Machine, Simon & Schuster, New York 2006,
ISBN 978-0-7432-7664-1. |